Hallo angehende Informatikstudentin oder angehender Informatikstudent!

Der Grund

Ich habe mich von meiner ehemaligen Schule, dem Gymnasium Johanneum in Ostbevern, kurz Loburg, breitschlagen lassen, im Rahmen der Berufsvorbereitung meinen Senf zur Ausbildung in meiner Berufssparte zu geben.

Die Vorstellung des Berufes erfolgte am 12.11.2003 und alle Informationen beziehen sich auf dieses Datum.

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass es ohne den tatkräftigen und wahrscheinlich privaten Einsatz von Winfried Rösel, einem "Pauker" der Loburg, wohl nicht zu dem Termin gekommen wäre. Also überschütte ich ihn hier mal etwas mit Lob. Verdient hat er es.

Die Daten

Die nachfolgenden Kapitel sind im Inhalt mit der druckfertigen Variante identisch.

Jede(r) Gleichstellungsbeauftragte wird mich für meinen Text lynchen wollen, völlig zu Recht! Aber bevor ich mir jetzt den Text mit Wiederholungen verhunze oder mit die/der Pseudogleichstellung(ups, nur weiblich?) jede/r Person verunziere, bleibe ich bei der männlichen Ansprache und hoffe, dass endlich viel mehr Frauen in unseren Beruf wechseln. Wir langweilen uns hier ohne Euch!

Studium

  1. Genießt das Studium! Man ist relativ ungebunden, hat kaum Verpflichtungen und in der Regel eine robuste Konstitution, um Partystress gut weg steckenzu können.
  2. So gut wie immer ist es den Professoren absolut egal, ob ihr voran kommt. Bei den Fachhochschulen ist diese Gefahr etwas geringer. Ihr seid für Euer Tun nur Euch selber verpflichtet. Setzt Euch deshalb immer Ziele, die Ihr wirklich erreichen wollt und entscheidet, was ihr als Dreingabe betrachtet.
  3. Es beißt keiner. Die Personen in den naturwissenschaftlichen Fächern wollen einen nicht absägen. Man kann jederzeit zu Ihnen hin laufen (Sprechstunde) und um Hilfe bitten.
    Besser ist hier aber häufig die Fachschaft. Das sind Studenten für Studenten, die zum Fachbereich spannende Informationen haben, und, viel wichtiger, sie sind fast immer im Besitz der letzten Klausuren samt Lösungen.
  4. Die Fachschaft bietet zuweilen an manchen Unis Orientierungseinheiten an, die einem das Einleben erleichtern. Diese OEs sind unbedingt wahrzunehmen, auch der gesellschaftliche Nutzen ist sehr groß, da man sich zum Lernen in kleine Gruppen zusammenschließt und diese zu einem großen Teil bereits in den OEs vor geplant werden. Also besucht zwingend die Fachschaft 3-4 Wochen vor dem Studiumsanfang oder noch früher und seht Euch die Sache an.
  5. Das Glück schaut immer mal wieder bei Euch vorbei, packt es dann am Schopf. Jede Gelegenheit ist dabei wahrzunehmen, die in irgendeiner Weise auch nur den Ruch von Praktikum haben. Ihr habt bei einem Praktikum Anspruch auf ein entsprechendes Zeugnis. Etwas anders ist die Sache bei studentischen Hilfskraft-Jobs anzusiedeln. Da bekommt man viel Praxis, häufig Geld und man versteht in der Regel den Stoff besser. Aber jedes Praktikum bei einem renommierten Unternehmen zählt später um so mehr. Mehrere Praktika sind dabei nicht verpönt.
  6. Euer Abiturzeugnis ist in der Regel nach der ersten Arbeitsstelle nichts mehr Wert. Eine Karriere startet man deshalb bereits im Studium; selig, wer schon zu Studienzeiten einen Job bei seinem späteren Arbeitgeber hat. Neben den Praktika zählen noch die nachfolgenden Dinge für die spätere Arbeit.
  7. Ein Auslandsaufenthalt ist spannend, hoffentlich bildend und leider auch kostenintensiv. Es gibt für viele dieser Auslandserfahrungen Stipendien. Die Fachschaft und der Asta helfen hier weiter. Ein Auslandspraktikum macht sich super im Lebenslauf und man hat später bessere Chancen.
  8. Natürlich will jeder spätere Arbeitgeber die Eier legende Wollmilchsau mit 5 Jahre Berufserfahrung, 7 Jahre im Ausland, 4 Sprachen fließend und höchstens 23 Lenzen. Mindestens genauso wichtig sind soziale Kompetenz und Engagement. Es ist deshalb hilfreich, sich in Vereinen oder Parteien zu profilieren. Sichere Vortragstechniken sind nach meiner Meinung das Ziel dieser Übung. Bei dieser Gruppenarbeit findet man ebenfalls viele Bekanntschaften, die einem später im Job nützlich sein können.
  9. Man fängt im Studium bei Null an. Am Anfang erscheint einem vieles ganz leicht, zum Schluss wird es verdammt schwierig. Keine Panik! Das geht jedem so und ist Programm. So werden beispielsweise Programmiersprachen vermittelt, die absoluter Nonsense sind. Der Sinn der Übung liegt in der Programmiertechnik, nicht in der Sprache.
  10. Last not least muss man sich nicht wundern, wenn man absolut nichts von dem versteht, was der Vorturner gerade an der Tafel verzapft. Das muss so sein. Die Vertiefung des Stoffes erfolgt in den Übungsgruppen (je nach Vorlesung) und in den privaten Lerngruppen (nach persönlichen Gefallen ausgewählt, siehe OE). Selbstverständlich lernt man auch privat, aber Einzelkämpfer werden nichts!

Arbeit

  1. Es ist absolut sinnvoll, sich bereits früh darüber klar zu werden, was man später genau tun will und woran man Spaß hat. Ein Fachhochschulstudium ist in der Regel schneller beendet als ein Hochschulstudiengang. Die FH arbeitet zielgerichteter und hat häufig gute Kontakte zur Industrie, aber dafür bekommt man in der Regel 10% weniger Lohn und geringeres Wissen.
  2. Bereits während des Studiums werden die Weichen für das spätere Berufsleben gesetzt. Ausnahmen bestätigen nur dann die Regel, wenn Ihr ein Selbstständigendasein in Erwägung zieht.
  3. Ziel des Studiums sind zwei Dinge. Zum einen hat man etwas, mit dem man angeben kann (Kleider machen Leute und dies ist kein Witz), zum anderen soll man eine möglichst gute Ausbildung für die spätere Arbeit erhalten. Neben der Erfüllung der elterlichen Diplompflicht ist deshalb der Fokus auf die Anwendbarkeit der Studienelemente zu legen. Praktika jeder Art und vorweisbare Bescheinigungen aus der Studienzeit bilden eine wesentliche Grundlage für die spätere Anstellung. Außerdem machen sie Spaß und man hat die beste Gelegenheit, sich die Sache mit dem späteren Job bei Nicht gefallen noch mal durch den Kopf gehen zu lassen. Deshalb empfehle ich Praktika sofort nach dem Grundstudium.
  4. Zwei, drei Jahre vor dem voraussichtlichen Ende des Studiums sollte der Arbeitsmarkt durchforstet werden, um festzustellen, was die Industrie gerade gebraucht. Ist der aktuell angestrebte Berufswunsch nicht dabei, sollte eine Umorientierung in Erwägung gezogen werden.

Das Leben als Informatiker gliedert sich zur Zeit in mehrere Sparten. Diese sind permanent einem Wandel unterzogen. So war das Web vor 10 Jahren gerade in den Kinderschuhen, und vor 5 Jahren konnte man damit steinreich werden. Heute reicht es zum Verdienen des täglichen Brotes mehr schlecht als recht.

Studienabbrecher müssen sich mit den Brosamen der Zunft abspeisen lassen, wobei das selten lukrativ ist. Typische Beispiele sind hier Webseiten-Gestalter und Word-Makro-Programmierer. Die Zukunftschancen sind gering. Auch die reine Tätigkeit als Administrator reicht nicht aus, um später höher aufzusteigen, deshalb sollte man nicht viel auf die aktuelle Hardwareentwicklung geben.

Eine Sonderform nehmen hier Datenbankadministratoren (DBAs) ein. Ein reiner DBA ist nichts, aber die DBAs mit Erfahrung im Erstellen von Datenmodellen und dem Wissen um Optimierung der DB und der Backend-Kernprogrammierung sind hoch bezahlte Leute mit interessanter Arbeit.

Wirtschaftsinformatiker haben gute Chancen in alle Richtungen, da viele spätere Arbeitgeber annehmen, der Arbeitnehmer würde die Wirtschaftsprozesse besser verstehen und einen Mehrwert für das Unternehmen darstellen.

Der reine Programmierer widmet sich zur Zeit im erheblichen Maße ERP1-, CRM- und anderen Systemen, die alle mit drei Buchstaben abgekürzt werden und recht wahlfrei in der Auslegung sind. Der Hintergrund ist das Abbilden von gesamtheitlichen Wirtschaftsstrukturen, um das letzte Quäntchen Rationalisierung herauszuquetschen oder den Geschäftsprozess mit dem Kunden zu beschleunigen. Ein Beispiel ist hier SAP, aber auch IBM oder Sun.

Wesentlich sind für alle Programmiertätigkeiten ein Wandern zu Baukastensystemen, wo die Oberfläche einheitlich langweilig ist (weil modular) und im Hintergrund eine Datenhaltung steht.

Generell kann gesagt werden, dass zur Zeit (!!) immer noch wie vor 15 Jahren Datenbanken und Netzwerke eine große Rolle bei der Programmiertätigkeit spielen, aber Metasprachen wie UML und Frameworks wie Suns J2EE oder Microsofts .NET eine größere Rolle spielen werden.

Die Tätigkeit als Consultant (Berater) rundet neben dem Dasein als Teamleiter oder Softwarearchitekt die Möglichkeiten in dieser Branche ab. So oder so muss man flexibel sein und Spaß an der Sache haben.


1 ERP=Enterprise Resource Planning, CRM=Customer Relationship Management